Texte/Fotos: Beatrix Saadi-Varchmin - weitere Informationen finden Sie auch bei https://vogelgetwitter.de/wp-login.php
Die Brutsaison der Weißstörche hat begonnen. Um den 19. Februar herum hatten sich in Raisting innerhalb von etwa drei Tagen auf mindestens 16 Horsten die ersten einzelnen Störche eingefunden. Zum
Teil waren auch schon beide Partner da. Jetzt, Anfang März, sind fast alle Störche zurückgekommen. 22 besetzte Horste gab es im letzten Jahr, und auch dieses Jahr hält die Schutzgemeinschaft Ammersee ein wachsames Auge auf das Storchengeschehen.
Wir schauen uns an diesem sonnigen Tag in der Raistinger Dorfmitte um. Schon von Weitem ist ein Storch auf dem Dachfirst der Kirche zu sehen. Ein Rotmilan kreist darüber, ein Turmfalke fliegt
eilig vorbei.
Ganz oben um den Kirchturm hocken Dohlenpaare – vor den Brutkästen, die in die Schallfenster eingebaut sind, in Nischen, auf Simsen. Ein zweiter Storch steht auf der Alarmglocke nebenan. Auf
Dächern um die Kirche herum stehen drei weitere Langbeine auf ihren Horsten, einzeln, einbeinig, von Blau umflossen. Es wird sehr gelassen gestanden, in Nest und Gefieder gestochert, geruht. Und
geklappert. (Diese Tonaufnahme habe ich 2016 beim legendären Storchenkran von Kirchheim im Unterallgäu gemacht). Auch wenn es
gelegentlich unter den Männchen heftige Kämpfe um einzelne Horste gibt – was die Störche vor allem verbreiten, ist Frieden. Eine Atmosphäre, die in diesen Kriegszeiten mehr als willkommen ist.
Wir schauen, fotografieren, freuen uns.
Als wir später aus dem Dorf hinaus fahren, finden wir einen Horst, der auf ein Bäumchen am Rand eines kleinen Gartens gebaut ist, ein Storchenpaar steht darin.
Störche waren ursprünglich Baumbrüter, bevor sie Kulturfolger wurden.
In den 1970er Jahren drohten sie mangels feuchtem Grünland langsam auszusterben. 2017, nach 30jährigen Schutzbemühungen, konnte das Artenhilfsprogramm aus Erfolgsgründen (!) eingestellt
werden. Derzeit ist mit rund 500 Brutpaaren in Bayern der Bestand der schönen Schreitvögel gesichert.
Auf dem Lech bei Apfeldorf haben sie sich pünktlich wieder eingefunden: Singschwäne aus dem hohen Norden. Und am Sonntag, dem 12. Dezember, ist Schwanenwetter!
Schon oben auf der Straße sind ihre Posaunenklänge zu hören, und als wir durch den Schnee nach unten gestapft sind, können wir sie endlich ins Auge fassen: 16 der eleganten Schönen, einige im Wasser, die meisten auf dem Rande des Eises stehend oder ruhevoll hockend. Schneeweiß leuchten sie in der Sonne. Dieser winterliche Stausee am Lech ist für sie das Gleiche wie für unsere Kraniche und Störche Afrika: ihr weit im Süden gelegenes Winterquartier, das sie Jahr für Jahr wieder aufsuchen.
Während Höckerschwäne im Flug mit den Flügeln „singen“, duettieren Singschwäne mit ihren Stimmen und lassen die Duette, wenn sie zu Vielen sind, zusammenfließen – Neujahr 2017 ist mir die spannendste Aufnahme gelungen, ein regelrechter Posaunenchor!
Eine Sichtung ist bei uns selten. Dennoch: Wenn man sehr großes Gück hat, lässt er sich auch bei uns während des Durchzugs sehen, manchmal sogar in einem Garten.
Die Thaininger Lydia Geisenberger konnte ebendort einen Wiedehopf während seines siebentägigen (!) Gartenbesuchs fotografieren.
Der Wiedehopf ist trotz seiner exotischen Erscheinung alles andere als fremdländisch, gehört seit alters her in unsere Kulturlandschaft und war auch in Bayern bis Mitte des letzten Jahrhunderts weit verbreitet. Das letzte bayrische Brutvorkommen erlosch 1997. Die wenigen Brutvorkommen, die es inzwischen wieder in Mittel- und Unterfranken gibt, kann man an zehn Fingern abzählen.
Jetzt ist er Vogel des Jahres 2022 geworden. Warum?
Er ist Höhlenbrüter, braucht alten Baumbestand in halboffenem Gelände mit nur kurzer Vegetation und als Nahrung insbesondere Großinsekten und ihre Larven - all das, was es aufgrund von Überdüngung, Pestizideinsatz und Flächenfraß bei uns nicht mehr gibt.
Gift ist keine Lösung heißt folgerichtig der Slogan, mit der der Wiedehopf zur Wahl antrat.
Ich bin ihm letztes Frühjahr in den Kaiserstuhl nachgereist – es war nicht schwer, ihn an Hand seines unverkennbaren „Gesanges“ aufzuspüren – und sogar sein ärgerliches Fauchen mit aufzunehmen (hier bei 00:36 )!
Wer ihn im Frühjahr sieht - bitte melden!
Still und heimlich, von nur wenigen wahrgenommen, geht der Durchzug vieler Kleinvögel weiter. Die meisten ziehen nachts und rasten am Tage.
An der Kiesgrube Thaining (Foto siehe unten) gibt es die seltene Gelegenheit, Schwarzkehlchen zu beobachten: zwei Männchen und zwei Weibchen, eines davon diesjährig.
Als Ersatz für natürliche Warten dient an solchen Orten der Zaun. Hier sitzen sie immer wieder, fliegen auf, huschen nach unten, verschwinden in den Ruderalpflanzen oder zeigen sich kurz auf dem Weg. Gestern ließen sie sich, bei respektvoller Einhaltung einer recht großen Fluchtdistanz von ca. 30 m, von meiner Power Shot fotografieren (siehe Foto 2 + 3).
Im Gegensatz zu den Braunkehlchen sind Schwarzkehlchen Kurzstreckenzieher und können deshalb auch hier und da bis in den November hinein beobachtet werden. Wenn man Glück hat!
Oder sie an ihrem markanten Ruf erkennt, der bei Erregung aus harten Schnalzern und kurzen hohen Pfeiftönen besteht (Hörprobe).
Längst jagen die Mauersegler unter afrikanischem Himmel. Viele unserer Schwarzmilane haben schon die Sahara überquert. Die Mehlschwalben sind verschwunden. Hier und da flitzt eine letzte Rauchschwalbe über die Viehweiden. Auf den Dachfirsten singen wieder die Hausrotschwänze
Stare sind überall präsent, streunen in Trupps in der Feldmark herum oder schwatzen an ihren Sommerplätzen (siehe Foto 2 + 3).
In der Feldmark sind jetzt die Rotmilane besonders augen- und ohrenfällig. Sammeln sich, wenn die Felder gepflügt werden (siehe Foto 1), hocken auf Bäumen und Leitungsmasten (siehe Foto 4 + 5) und rufen einander (Hörprobe).
Auch die Raben- und Saatkrähen sammeln sich. In der Hofstettener Feldmark sind wieder „gefleckte Krähen“ aufgetaucht: Rabenkrähen mit unregelmäßig verteilten weiße Gefiederpartien (siehe Foto 6). Es könnte Leuzismus sein, genauer gesagt: Teilleuzismus, eine genetisch bedingte Abweichung, Zur Zeit wird jedoch auch diskutiert, inwieweit solche Fehlfarben durch Umweltgifte entstehen.Ich halte das für wahrscheinlich.
Text: Beatrix Saadi-Varchmin
Fotos: Beatrix Saadi-Varchmin und Jochim Varchmin