Texte: Beatrix Saadi-Varchmin Fotos: Beatrix Saadi-Varchmin und Jochim Varchmin - weitere Informationen finden Sie auch bei https://vogelgetwitter.de

Flying News - Januar 2024

Der Kiebitz, Vogel des Jahres 2024 – ob wir das Ding mit dem Gaukler noch schaukeln?

In Alwin Voigts altem Exkursionsbuch zum Studium der Vogelstimmen, überarbeitete 11. Auflage von 1950, heißt es: Der Kiebitz ist ein so häufiger und in jeder Beziehung so ausgezeichneter Sumpfvogel, dass er leichter zu finden und zu bestimmen ist als irgendein anderer
Lang, lang ist’s her. Aus gutem Grund wurde dieser „ausgezeichnete Sumpfvogel“, ursprünglich in Feuchtwiesen heimisch, zum zweiten Mal von NABU und LBV zum Vogel des Jahres 2024 gewählt.


Viele Jahre lang haben uns die Rufe und Flugmanöver dieser charismatischen Regenpfeifer während des Krötensammelns am Amphibienzaun begleitet. Denn ihr Brutgebiet am Egelsee, einem von großen Weiden umstandenen Anglerteich am Rande eines Seggenrieds, liegt dem Krötenzaun genau gegenüber Kiebitze balzen in der von Morgengesängen erfüllten Frühlingslandschaft am Egelsee

 

 

Ihr Gaukelflug im Frühjahr hat herrlich clowneske Züge: sich in der Luft hin und her werfen, zur Seite kippen und im Sturzflug nach unten trudeln, sich kurz vorm Aufprall auffangen, weiter gaukeln … Diese “Luftsprünge“ haben den Kiebitzen im Englischen den Namen Lapwings eingebracht! Worte und Fotos sind blass gegenüber der prallen Lebendigkeit, die sich dabei dicht über unseren Köpfen abspielt, besonders, wenn das Wuchteln der breiten Flügelpaddel uns dabei in die Ohren wummert. ♫ Duettgesang im oft synchronen Balzflug am Egelsee ♫

 

Erstaunlich – und für mich unwiderstehlich – sind die Balzrufe der Lapwings. Die können, obwohl Kiebitze keine Singvögel sind, gut und gern als Gesänge durchgehen. Sogar als Duettgesänge, denn wie oft konnte ich sie im Frühjahr zweisam gaukeln und „chiuwitten“ hören – und aufnehmen. In der Tonaufnahme oben ist das Wuchteln gleich zu Beginn zu hören. In 00:22 ein nahezu synchrones Duett.

 

Zunächst waren es zwei Paare, die wir seit unserem Herzug, das war 2003, beobachtet haben. Dann war es nur noch ein Paar, das Jahr für Jahr wiederkam. 2019 haben wir es sogar noch seine Küken führen und bewachen sehen. ♫ Kiebitze, die Junge führen, schlagen Alarm ♫


Kiebitzküken sind Nestflüchter und müssen sich von Anfang an selbständig mit Nahrung versorgen. Sie müssen aber in den ersten zehn Tagen nach dem Schlupf von den Alten gehudert werden und brauchen noch wochenlang den ständigen Begleitschutz ihrer wachsamen Eltern.                                    

 

Die Kiebitzkükensichtung 2019 gelang uns kurz vor dem großen Hagelunwetter. Im darauf folgenden Jahr wurde dort Winterweizen angebaut.
Seitdem, seit 2020, ist die Kiebitzbrut am Egelsee erloschen und 2023 sind in weiten Bereichen des Landkreises nur noch 6 Kiebitzküken flügge geworden, an der Grenze zum Schwäbischen 27.

 

Dabei sind Vögel so ortstreu! Sogar in ihrem Zugverhalten. In der Schwiftinger Feldmark, durch die ich oft komme ziehen jedes Jahr junge und alte Kiebitze durch ◄ und rasten auf den Feldern immer desselben kleinen Areals.

 

 

In wenigen Wochen beginnt hier wieder die Krötenwanderung. Wider besseres Wissen werden wir, wenn wir suchend am Krötenzaun entlanggehen, unsere Ohren spitzen, hoffend, dass wir es nicht nur als Echo unserer Erinnerung hören, dieses unnachahmliche chiuwitt, sondern dass der „Wiesenpfau“ wieder geflogen kommt, um über uns zu gaukeln, während wir die Kröten aus den Eimern klauben …
Denn wir wollen die Hoffnung noch keinesfalls aufgeben. Renaturierung unserer Landschaft, Wiedervernässung der Wiesen, Wiederkehr der vertriebenen Vögel – warum sollte das nicht möglich sein, allen Widerständen zum Trotz?

 

Was es mit Fußtrillern und anderen Merkwürdigkeiten und mit dem Kiebitzschutz durch das Artenhilfsprogramm des LBV auf sich hat, siehe unter Kiebitz – Vogel des Jahres 2024

 

... lesen Sie noch ausführlicher auf der Website von Beatrix Saadi-Varchmin: www.vogelgetwitter.de

 

Flying News - November/Dezember 2023

Spot- und Highlights im November

Anfang November. Am Ammersee Südende, diesem Hotspot für Seltenheiten, tummeln sich ein Seeadler, Zwergscharben – kleine Kormorane aus Südosteuropa – und, schon seit Juli, eine Pünktchenente, Anas hottentotta, offenbar ein Gefangenschaftsflüchtling, in Afrika heimisch.

 

In unserer Feldmark geht es nicht ganz so spektakulär zu. Schon früh sind die Schwarzmilane zu ihrer weiten Reise nach Afrika aufgebrochen. Auch die Rotmilane haben sich aus der Feldmark zurückgezogen, aber weit weg sind sie nicht und hin und wieder lässt sich einer um Landsberg herum blicken. Auch die ♫ rollenden Rufe ziehender Feldlerchen ♫ sind noch zu hören, die liebe ich sehr. Eine große Schar Stieglitze, über 100, wird von einem noch blühenden Zwischensaatfeld magisch angezogen. Zwei Kornweihen flügeln in niedrigem Suchflug darüber hin ...

 

Vögel sind ortstreu. Nicht nur kehren Zugvögel Jahr für Jahr an ihre alten Brutstätten zurück, sondern auch unsere Durchzugs- und Wintergäste kommen an die gewohnten Rast- und Überwinterungsplätze zurück.
Das gilt für die Kornweihen ebenso wie für die Saatkrähen, die jährlich im Spätherbst in der Feldmark um Stoffen herum in großem Trupp erscheinen und sie mit ihren ♫ rauen Stimmen, tiefer als die der Rabenkrähen , erfüllen. Und das gilt für die skurril-schönen Spießenten und die Singschwäne, die sich, samt diesjährigen Jungen, wieder pünktlich auf dem Lech bei Apfeldorf eingefunden haben. Was Überraschungen nicht ausschließt! Singschwäne kommunizieren auch im Winter 2023/24 wieder lautstark auf dem Lech bei Apfeldorf

 

Ende November beginnt es zu schneien.Vögel in Schwarz und Schwarz-Weiß beherrschen nun das Feld - Amseln, Elstern, Krähen, Kolkraben. ♫ Kolkrabenpaar, überfliegend ♫ . Wenn der Futterplatz ungewöhnlich lange leer bleibt, halten wir Ausschau nach dem Sperber. Meist ist es uns nicht möglich, ihn zu erspähen. Aber dann … Dann sitzt er in der Quitte vor unserem Küchenfenster, lange, und wir können seine gluhen Augen bewundern.

 

Eistaucher und andere Dezemberüberraschungen

Am Ammersee ist mitten in Eis und Schnee, am 1. Dezember, ein seltener hochnordischer Vogel aufgetaucht, ein Eistaucher – heimisch in Grönland, Island und in Nordamerika bis in die Arktis hinauf. Er ist am Ammersee geblieben, wird mal hier, mal dort gesichtet, sogar am Dampfersteg Dießen.
Spektakulär ist seine Stimme, die allerdings nur zur Balzzeit einsame nordische Seen beschallt. Oder Kino- und Fernsehfilmen unterlegt wird, um, wo auch immer die Handlung spielt, das Gefühl von Wildnis beim Betrachter hervorzukitzeln. ♫ Eistaucher, „Gesang“, Kenai Peninsula Borough, Alaska ♫

 

Ende Dezember hat sich der Sturm gelegt. Auf dem Lech bei Apfeldorf, Stauwurzel Ost, hat sich den Singschwänen, jetzt über 100, ein hier seltener Zwergschwan zugesellt. Ich erwische ihn am Silvestermorgen sogar mit der Kamera, als er endlich seinen Kopf aus den Federn zieht: kleiner als die Singschwäne, aber ebenso schön, mit etwas weniger Gelb am Schnabel. Gewöhnlich überwintern Zwergschwäne in Nordwesteuropa!

 

Zwischen den Schwänen tummelt sich, und das ist hier tief im südlichen Binnenland besonders sensationell, ein Säbelschnäbler. Einer dieser langbeinigen schwarz-weißen Watvögel, der von wer weiß woher an den Lech verdriftet worden ist.

 

Gewöhnlich pendelt er, oft im Gleichtakt mit anderen Artgenossen, seinen dünnen hochgebogenen Schnabel leicht geöffnet, im Schlick hin und her, um kleine Krebstiere und Insektenlarven zu fangen. Hier vor dem Schilfgürtel ist das Wasser nicht seicht genug. Deshalb gründelt er wie eine Ente, den Steiß steil in die Höhe gereckt. Als er endlich pausiert und auf dem Wasser schwimmt, kann ich auch seinen so kühn gebogenen Schnabel sehen … sh. auch ornitho vom 1. Januar.

 

Zum Schluss der großartige Neujahrsposaunenchor der Singschwäne, vor Jahren am Lech bei Dornstetten aufgezeichnet: ♫ Singschwäne auf dem Eis bei Dornstetten, Duette und Chorgesang, Neujahr 2017 ♫ Diese wild lebendige Kraft eignet sich ganz besonders, um das alte Jahr zu verabschieden und  gebührend zu begrüßen, was da kommt: das ganz und gar unbekannte Neue Jahr.

 

Flying News - Oktober 2023

Tyto alba - Junge Schleiereulen im Oktober

Zweifellos ein Oktober-Highlight waren die vier jungen Schleiereulen, die als Zweitbrut nicht weit von unserem Landkreis entfernt ausgebrütet und von Lydia Geisenberger aus Thaining fotografiert worden sind. Schleiereulen sind Kulturfolger und Halbhöhlenbrüter. Sie brauchen als Brutplätze störungsarme Nischen mit freiem Anflug und ungestörte Tagesruheplätze – dazu eignen sich alte Scheunen oft besonders gut.

 

Lydia Geisenberger erzählt:

„Von einer Freundin hörte ich, dass es heuer zum zweiten Mal in der großen Scheune eines Aussiedlerhofes junge Schleiereulen gab.

Der Sohn der Familie hatte, als vor drei oder vier Jahren Schleiereulen auf dem Hof herumflogen, einen Schleiereulenkasten gebaut, der gern angenommen wurde. Einen Turmfalkenistkasten gab es auch schon.

Am 17. Oktober, dann noch einmal mit einem lichtstärkeren Objektiv am 20., konnte ich meine Kamera aufbauen.Und zwar im Wohnzimmerfenster, das der alten Scheune direkt gegenüber liegt. Ab 19:00 Uhr kamen nach und nach vier junge Schleiereulen zum Vorschein. Sie waren schon fast flügge, und zwei oder drei hatten den Tag im längst schon verlassenen Turmfalkenkasten zugebracht. Als um 19:30 Uhr automatisch das Hoflicht anging, konnte ich fotografieren, bis um etwa 21:00 Uhr. In dieser Zeit kamen auch die Alten herbei geflogen, mit Wühlmäusen in den Fängen, und da sich alles außerhalb der Scheune abspielte, konnte ich auch die Übergabe der Mäuse gut dokumentieren. Auf diesem Hofgrundstück gibt es derzeit eine große Mäuseplage. Und so profitieren die Hofbesitzer von den Schleiereulen, die von der Mäuseplage profitieren … „

(Aufgeschrieben von Beatrix Saadi-Varchmin im Oktober 2023)

 

Flying News - Februar 2023

Zwischen Gänsegeier, Waldwasserläufer und Mittelspechtquäken: Vorfrühlingsgesänge

Langsam scheint der Vorfrühling vorzudringen. Die Highlights der Saison, die in unserer näheren Umgebung viele Beobachter magisch angezogen haben, sind wieder verschwunden: Der Würgfalke, der bei Langerringen zwischen Ende Januar und Mitte Februar immer wieder gesichtet wurde, oft im Gestänge eines großen Hochleitungsmastes. Und der Gänsegeier, der am 9. Februar bei Dießen auftauchte und dann eine Woche lang am Rande von Unterhausen bei Weilheim blieb. [Anmerkung 1. März: inzwischen sind beide wieder aufgetaucht, sh. ornitho.de]

 

Die Stimmen der Vögel haben sich unüberhörbar vermehrt. Neben kräftigen Meisengesängen klicksen und pixen in den Baumkronen leise die Kernbeißer und rufen ihr hohes schrilles ziht: Kernbeißer am Dorfrand zwischen Grünfinken, Erlenzeisigen, Starenpfiffen und Hähnekrähen
Und die Glissandi der Starenpfiffe erfüllen erneut das Dorf.  Gestern gaben zwei Stare in unserem Gartenflieder ein fulminantes Konzert, mit ausgiebigen Rotmilan-Imitationen.
♫ Starenkonzert im Gartenflieder ♫

 

Im Wald singen tagsüber die Misteldrosseln zu den leisen Trillern der Waldbaumläufer, melden sich vermehrt die Kolkraben, und in der Dämmerung wird hörbar, dass die Waldkäuze ihre Balz- und Brutzeit begonnen haben. Waldkäuze und ranzende Füchse im Februarwald
Im Seeholz gaben neulich bei mildem Wetter die Spechte eine große Session: Buntspechte und Kleinspechte trommelten, und das Eichenrevier in Mitte war erfüllt vom erregten Quäken und Keckern der sich jagenden Mittelspechte.
♫ Mittelspechte und Kleinspecht im Seeholz ♫


Am Lech kopulieren die Stockenten, wobei in traditioneller Weise der Erpel die halb untergetauchte Ente derb in den Nacken zwickt. Und vor Landsberg, in Höhe des Wildparks, wo jetzt wie überall auch die
Kleiber um die Wette trällern und pfeifen , entdecke ich am Rande einer Kiesbank einen Vogel, der nach Limicolenart  im Wassersaum stochert: tatsächlich, ein Waldwasserläufer, der hier nach Nahrung sucht. Überwinterer, Kurzstreckenzieher oder früher Rückkehrer? Die meisten überwintern immer noch in Afrika und ziehen ab März hier durch.          

                      

Und die Rotmilane überflügeln wieder gemächlich die Feldmark, wo die Feldlerchen nicht mehr nur rufen, sondern steigen und minutenlang singen. ♫ Schön, sie wieder zu hören: Feldlerchengesänge ♫ Zweifellos: der Frühling ist nicht aufzuhalten. Auch, wenn noch Wintereinbrüche kommen sollten!

Flying News - Januar 2023

Das Braunkehlchen – Vogel des Jahres 2023!

Im Oktober letzten Jahres stand es fest: Das Braunkehlchen, dieser so wenig bekannte Wiesenbrüter, wird 2023 besondere Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Denn die beiden großen Naturschutzverbände NABU (Naturschutzbund Deutschland) und der bayerische LBV (Landesbund für Vogel- und Umweltschutz) haben ihn zum Vogel des Jahres 2023 ausgerufen.

 

Zu meiner Schulzeit war das Braunkehlchen auf dem Lande ein wohlvertrauter Allerweltsvogel, liebevoll Wiesenclown genannt. Auf meinen Streifzügen durch ein Mosaik von Feuchtwiesen, Feldern und Mooren bin ich ihm ständig begegnet – dazu zahllosen Rebhühnern, Haubenlerchen, Wiesenpiepern, Bekassinen, nicht zu reden von einem Himmel voller Lerchengesänge. Heutzutage ist das Braunkehlchen besonders in Bayern selten geworden und gilt als stark gefährdet.

 

Die Raistinger Wiesen am Ammersee, ein Schutzgebiet, sind so, wie Braunkehlchen sie brauchen und mögen: blüten- und strukturreich, mit dichter Krautschicht für die Nester in den Altgrasstreifen. Und mit Hochstauden und Zaunpfählen, die als Ansitzwarten genutzt werden. Hier singen sie, von hier aus starten sie zu ihren Jagdflügen.

 

Am Rande des Raistinger Schutzgebietes zu stehen, die schönen Schmätzer in den Altgrasstreifen oder auf hohen Halmen zu sichten und ihnen zu lauschen ist eine dieser Senkrechten in der Zeit, wie Arnulf Conradi das so überaus treffend formuliert hat. ♫ Braunkehlchen-Frühgesang in den Raistinger Wiesen

 

Hier singt Anfang Juni ein Braunkehlchen seinen Frühgesang in den Raistinger Wiesen. Seine individuelle Note ist ein hübscher Triller am Beginn mancher seiner kurzen Strophen. Es wird begleitet von Goldammer, Wachteln (leise), Feldlerchen, Feldgrillen & Co. Ebenfalls leise in 6:16 ein Brachvogelgesang. Ein Konzert vom Feinsten!

 

Die Wahl im Oktober zum Vogel des Jahre 2023 fand natürlich in Abwesenheit der Hauptprotagonisten statt. Die hatten mit einigem Glück schon, jeder für sich allein, die Sahara überflogen, um im tropischen Afrika zu überwintern: 5000 km von hier entfernt.

 

Wie macht so ein kleiner Vogel das bloß? Ausführlich siehe https://vogelgetwitter.de/braunkehlchen-vogel-des-jahres-2023

Flying News - Dezember 2022

Apfeldorfer Wassermusiken – Weihnachtskonzerte am Lech

Der Schneeeinbruch am 10. Dezember, ausgerechnet zum Zeitpunkt unseres Weihnachtskonzerts mit Vogelstimmen im Rochlhaus , ist längst vergessen, die Gewässer sind frei - und wir auch.

Höchste Zeit,  nach den Singschwänen zu schauen. Wir suchen wie letztes Jahr in Apfeldorf unser Glück. Denn zuverlässig in jedem Spätherbst kehren Singschwäne aus dem hohen Norden - in ihre Überwinterungsgebiete auf dem Lech zurück.

 

Es ist recht windstill, und es erwartet uns etwas, was nicht zu erwarten war. Kaum sind wir aus dem Auto oben am Hang über der Stauwurzel gestiegen, fangen unsere  Ohren außerordentlich lebhafte Klänge unten vom Lech her ein, deren luftiger, aber mächtiger Spur wir folgen.

Unten, wie immer vorm Schilfgürtel, sind sie versammelt: knapp über hundert der Schönen  aus dem hohen Norden, zwölf graubraune Diesjährige dazwischen. Sie gründeln, schwimmen gemächlich einher, vor allem aber posaunieren sie. Die Duette vereinigen sich zu einer abwechslungsreichen Wassermusik, die kein Ende nehmen will. Die Weite und Einsamkeit nordischer Tundren schwingt darin und die unmittelbare Freude an Verständigung und Gemeinschaft.
Beim Duettsingen schwimmen die beiden Schwäne hintereinander und schwingen die Hälse gemessen vor und zurück, offenbar ein taktfestes, uraltes Ritual. Singschwanengesänge am Lech, 26. Dezember 2022 ♫

 

Mein Mikro nimmt es zuverlässig auf, dieses prachtvolle Oratorium, in das sich Graugänse, Blässhühner, Stockenten mischen, Schnatterenten mit ihrem seltsamen Geknarre, Flügelschläge und Wasserplatschen und das Echo, das die Lechhänge werfen. Und nebenher schauen wir denen zu, die ihre Stimmen nicht erheben: den unentwegt tauchenden Schellenten und einer Gruppe schöner Spießenten.


Als wir den Hangweg wieder hinaufgehen, steigern sich die Schwanengesänge hinter unseren Rücken erneut. Posaunen und Trompeten à la nature! Sie werden zunehmend von starken Windböen übertönt, die durch die Hangbäume rauschen. Die weihnachtliche Wassermusike ist definitiv vorbei. Jedenfalls für unsere Ohren.

 

Zum Weiterhören: https://vogelgetwitter.de/apfeldorfer-wassermusiken-da-sie-sind-wieder-die-nordischen-posaunisten/

Flying News - Oktober 2022

Die Kraniche ziehen!

Zur Zeit lohnt es, Ohren und Augen gen Himmel zu richten: die Kraniche sind wieder unterwegs! Seit einigen Jahren zieht ein kleiner Abzweig der großen Kranichschwärme auch durch Südbayern, und zwar westwärts an den Alpen entlang. Hier in unmittelbarer Nähe wurde am Montag, dem 10. Oktober, ein kleinerer Keil von 25 Kranichen über dem Reischer Talweg gesehen, und am Mittwoch, dem 12.10. zog ein größerer Trupp von 50 Glücksvögeln hoch über Hofstetten hinweg - beide Male Mittags um 13:00 Uhr herum. Große Züge von bis zu 400 Kranichen über Pürgen und über dem Ammersee sind in ornitho.de gemeldet!

 

Die unverwechselbaren Kranichrufe sind fast immer schon von Weitem zu hören – hier eine nächtliche Tonaufnahme von 2013, als ein Trupp über unser Haus in Hagenheim zog und ich gerade noch rechtzeitig aus dem Bett springen konnte … Deutlich sind auch andere ziehende Vögel zu hören. Und hier, weil sie so schön ist, eine aktuelle Tonaufnahme aus dem nächtlichen Polen, ebenfalls eingestellt bei xeno-canto!

 

Insgesamt war der Kranichschutz erfolgreich: sogar in meine niedersächsiche Heimat, in den recht unspektakulären Landkreis Peine, sind Kraniche als Brutvögel zurückgekehrt! Eindeutig spektakulär sind ihre Trompetentufe im Duett – solche, wie diese hier, aufgenommen an einem glücklichen Augustmorgen in Brodowin.

Flying News - September 2022

Vogelwelt in Bewegung: Trauerschnäpper, Kiebitze, Moorente, Knutt & Co

Im Grunde ist die Vogelwelt immer in Bewegung, aber im September ist dies besonders augen- und ohrenfällig und treibt auf den Höhepunkt des Zuggeschehens Anfang Oktober zu. Im ersten Septemberdrittel sind hier ♫ Trauerschnäpper ♫ durchgezogen - gelegentlich zu sehen, öfter noch zu hören, sogar vor unserer Haustür. Die Stare sammeln sich, ein paar Rauchschwalben im Dorf füttern die letzten Jungen, während schon große Schwärme ihrer Artgenossen aus den nördlicheren Brutgebieten durchziehen.

In den Kiesgruben, diesen wichtigen Sekundärhabitaten, rasten Limicolen, Watvögel - das Artenspektrum ist immer noch beachtlich. Spektakulär war das Erscheinen eines Knutts, der sich zwei Wochen lang bei Jengen aufhielt.

 

Kurz vor der Tag- und Nachtgleiche fahre ich morgens nach Pitzling und zum Lech hinunter. Komme dort an, als es noch kühl und schattig ist, die letzten Frühnebel lösen sich gerade auf. Um den alten Stadel herum, der gerade umgebaut wird und derzeit leere Fensterhöhlen hat, entdecke ich Mehlschwalben, knapp vierzig, die sich an die vier noch intakten Nester klammern, sich dicht zusammengedrängt in eine Mauernische ducken und auf einer Hausantenne hocken: manche bilden regelrechte Kuschelknäuel. Später jagen sie mit Rauchschwalben zusammen über dem Lech.

 

Auf dem Lech hat sich wieder, in Höhe des kleinen Bootshafens, eine große Schar Zwergtaucher, vierzig zähle ich, in einer Fließstrecke versammelt. Mit ihren plötzlichen Ab- und Auftauchmanövern machen sie ihrem Namen alle Ehre!
Kurz darauf entdecke ich zu meiner Verblüffung zwischen Reiher- und Tafelenten eine der seltenen Moorenten: eine kleine dunkle Tauchente mit leuchtend weißem Unterschwanz, die bei uns nur gelegentlich erscheint. Ihr Verbreitungsschwerpunkt im Osten sind die Steppen und Halbwüsten der Ukraine, in Deutschland wurden aktuell 2-10 Brutpaare gezählt – sie gilt bei uns als vom Aussterben bedroht ( NABU-Porträt).

 

Zwei Tage später, Herbstbeginn. In den Feldern vor Schwifting treffe ich endlich wieder auf eine Vogelart, die ich in der Feldmark um unser Dorf herum seit 2019 schmerzlich vermisse: Kiebitze. Sie lassen sich von einem pflügenden Bauern und seinem Traktor nicht stören, fliegen aber auf, als ich vom Fahrrad steige - und kommen schließlich zurück. Dreißig sind es, viele diesjährige darunter. Möglich, dass ich gar nicht die Ursache für ihr Auffliegen war, denn jetzt hocken sie unaufgeregt zwischen dem Pflanzenkrusch, in dem sie sich niedergelassen haben. Sie ruhen immer noch, als ich mich endlich löse und weiterziehe und ihnen viel Glück für die Reise wünsche …

Flying News - August 2022

'Wer zählt die Vögel, nennt die Namen…' - ein Morgen am Hotspot Ammersee-Süd

Als sich am Montagmorgen, nach einem regnerischen Wochenende, der zähe Nebel um den Ammersee endlich aufgelöst hat, entrollt sich am Binnensee Süd eine wahre Bilderbuchszenerie für die Liebhaber*innen von Limicolen. Limicolen sind Watvögel, die Nahrung suchend in seichtem Wasser und am Wassersaum entlang eilen oder schreiten, manche hochbeinig elegant mit langen Stocherschnäbeln, andere hastig pickend und mit dem Hinterteil wippend. Sie erscheinen plötzlich, bleiben ein paar Tage, verschwinden. Denn die Vogelwelt ist jetzt im Spätsommer schon wieder in Wechsel und Bewegung: der Vogelzug hat, wenn auch noch zögerlich, begonnen.

 

Star Nummer eins, nah bei den Felsen, auf denen wir hocken, ist ein junger Dunkler Wasserläufer, den Spektive, Ferngläser, Kameras schlicht nicht stören. Rotbeinig und langschnäblig stolziert er gemessenen Schrittes herum, fliegt auch mal auf, flötet schön. Kommt ungewöhnlich nah, ist einfach nicht scheu. ♫ Dunkler Wasserläufer, Flötentöne im Flug, einen Tag später am Zellsee aufgenommen ♫


Star Nummer zwei ist ein grünbeiniges Tüpfelsumpfhuhn, sonst sehr scheu im Röhricht lebend, das sich hier mit hoch gerecktem Schwanzdreieck prächtig präsentiert, auch wenn es zwischendurch ohne ersichtlichen Grund losrennt, um sich im Schilf zu bergen. ♫ Schon mal gehört? Ein Tüpfelsumpfhuhn „singt“ ♫

 

Der dritte Star im Bunde, etwas weiter entfernt, nicht ganz so „zutraulich“ wie die beiden andern, ist ein junger, also diesjähriger Stelzenläufer, der auf sagenhaft hohen Beinen herumläuft und seinen Namen sichtlich zu Recht verdient.

Während hinter uns in den Bäumen an der Ammer Grauschnäpper hoch und scharf rufen und im Schilf ein Blaukehlchen kruscht, nicht leicht zu fotografieren, treten weitere durchziehende Limicolen um die Kiesbänke herum auf: ein Zwerg-, ein Temminck- und ein Sichelstrandläufer, ein Kampfläufer, Sanderling, Flussuferläufer, zwei Bruchwasserläufer. Dazu Flussregenpfeifer, die hier gebrütet haben, junge Bachstelzen. Im Hintergrund rufen melodisch zwei Grünschenkel. Und drüben, zwischen Brutfloß und westlichem Schilfgürtel, flügeln langsam und gewandt drei spektakuläre Raubseeschwalben überm Wasser, den starken roten Schnabel stets senkrecht nach unten gehalten, um plötzlich, wenn sie einen Fisch erspäht haben, steil hinabzuschießen. Auf ornitho dokumentiert: eine Raubseeschwalbe im Sturzflug  

 

Eine ungewöhnliche Idylle an Artenfülle! Gegen Mittag brennt und blendet die Sonne, dennoch ist es schwer, sich loszureißen. Den Kopf voller faszinierender Vogelgestalten, gehen wir auf dem Ammerdamm zurück. Dessen Böschungen, wo er sich zu den Wiesen hin öffnet, von Herbstzeitlosen übersät sind. So dass nicht zu übersehen ist, dass der Sommer zu Ende geht und unweigerlich der Herbst anrückt.

Flying News - Juli 2022

Eine Kurzmeldung wert: Purpurreiher am Oberhauser Weiher

Wasservogelzählung am Oberhauser Weiher. Mehlschwalben sammeln sich in der großen Esche auf dem Bauernhof gegenüber und ♫ jagen überm Wasser ♫. Am Weiher fällt zwischen den Graureihern, die am Rand des südlichen  Schilfgürtels stehen, ein kleinerer schlanker Reiher auf, so braun und schlangenhalsig, wie ich ihn hier noch nie gesehen habe: Zweifellos ein junger diesjähriger Purpurreiher, der in unserer Gewässerlandschaft umherstreunt. Purpurreiher sind extrem seltene Brutvögel in Deuschland und seltene Durchzügler.

Wo dieser wohl aus dem Ei gekrochen ist?

Flying News - Juni 2022

Ortstermin im Juni mit Neuntötern

Ein ineinander verwachsenes Holler- und Wildrosengebüsch am Rande eines Weges, der an einer Kiesgrube vorbeiführt. Ideal für ein Nest im Verborgenen. Hier müssen sie gestern ausgeflogen sein. Ständig war das Männchen auf seiner Ansitzwarte präsent, ständig warnte das Weibchen, im Schattenriss war auch zweimal ein Altvogel mit einem Schnabel voll Insekt zu sehen.

 

Im Gebüsch weiter unten am Wege, gut von Brennesseln umwuchert, hocken und huschen sie heute in einer gut belichteteten Lücke zwischen den Zweigen: drei Junge, recht still auf Futter wartend und offenbar gut genährt. Gelegentlich betteln Neuntöterjunge aber recht laut.

Jetzt werden sie noch mindestens drei Wochen mit ihren Eltern im Verband bleiben.
Spät sind die Altvögel aus dem südlichen Afrika zurückkommen und schon ab Mitte Juli werden sie aus ihrem Brutgebiet wieder verschwinden.

 

Wie gut, dass sie Erfolg hatten, die schönen Vögel mit den hässlichen Namen. Neuntöter, Rotrückenwürger, Dorndreher - weil sie gelegentlich erbeutete große Insekten als Vorrat oder Zerkleinerungshilfe auf Dornen aufspießen (was die Jungen von ihren Eltern erst lernen müssen). Aber auch Heckenschmätzer wurden sie ihres Rufs wegen genannt.

 

Neuntöter gelten in Deutschland als noch nicht gefährdet, ihr Lebensraum ist aber durch die sogenannte Flurbereinigung stark geschrumpft. Die nahen Verwandten dagegen, Rotkopfwürger und Schwarzstirnwürger, sind in Bayern seit Ende der 70er Jahre ausgestorben, und der Raubwürger wird auf der Roten Liste als "vom Aussterben bedroht" geführt.

 

Der Neuntötergesang, nur selten zu hören, unvertraut, ist ein leises, eigenartig krauses Geschwätz mit vielen Imitationen und manchmal schönen Tönen dazwischen. Schon Anfang Mai, als ich in den Raistinger Wiesen Tonaufnahmen von Braunkehlchen machte, ist mir ein so ein langer Gesang ins Mikro geraten, der mich zunächst völlig irritiert, aber auch fasziniert hat. Jetzt wird er er erst wieder, mit Glück, im nächsten Mai zu hören sein.

Flying News - April 2022

Der Kuckuck und alle „Kehlchen“ sind zurück

Im kleinen Feldgehölz, wo unter den hohen Fichten schön blau gefärbte Eierschalen liegen, fast hühnereigroß, ist schon das seltsam klappernden Bettelgeschrei junger Graureiher zu hören. Jetzt mischt hier zum ersten Mal ein Kuckuck seine Rufe darunter. Glücklich ist er über die Sahara gelangt, allein!, und pünktlich, zwei Tage vor dem „Kuckuckstag“ (15. April) in sein Sommerrevier zurück gekehrt.

 

Damit geht die erste große Singestart- und Rückkehrwelle der Vögel zu Ende. Auch alle „ …  kehlchen“ sind nun zurück. Sie gehören sämtlich zur großen Gruppe der Fliegenschnäpper, und von ihnen soll hier kurz die Rede sein.

 

Als Erste hatten natürlich die Rotkehlchen ihren Auftritt, die bei uns überwintern und als Herbst- und Wintersänger und -sängerinnen bekannt sind.
Hier singt Anfang April, an einem frostigen Morgen vor Sonnenaufgang, ein Rotkehlchen im Garten mit ausgefallenen Motiven und langen Intervallen – bewegend und glasklar. Und hier singt - obwohl ebenfalls an einem frostigen Morgen – eines im Vollgefühl des Frühlings, mit langen Trillern und triumphalen Kaskaden.

 

Als Nächste begannen die Schwarzkehlchen zu singen, zum Beispiel im Braunkehlchen-Schutzgebiet in den Raistinger Wiesen, wo Ende März zwei schöne schwarzköpfige Männchen trotz Kälte in großer in Singelaune sind. Schwarzkehlchen sind keine Langstreckenzieher, sie überwintern im Mittelmeerraum und können deshalb oft schon Mitte März zurückkommen und ihre Brutreviere besetzen.

 

Ende März rücken dann die Blaukehlchen in die Schilfgebiete ein. Bei uns sind es weißsternige Blaukehlchen, die beim Singen ihre blaue Kehle demonstrieren, wobei sich der weiße Fleck, der „Stern“, im Takt der Strophe vergrößert und verkleinert. Die Schilfbestände am Südende des Ammersees sind sehr weitläufig, und so sind mir die besseren Beobachtungen und Tonaufnahmen im Grabenstätter Moos am Chiemsee gelungen.
Typisch für den Gesang der „nordischen Nachtigall“ ist der schleppende Anfang der Strophen, die dann allmählich beschleunigt werden.
Vom Grabenstätter Moos sind in ornitho auch  interessante Fotos vom 3. April eingestellt. Zum Teil im Schnee!

 

Als Letzte sind nun die Braunkehlchen erschienen. Sie überwintern in Afrika und müssen Jahr für Jahr wie der Kuckuck die Sahara überqueren. Um in ein Brutgebiet zurück zu  kommen, das ihnen mehr und mehr die Lebensgrundlage entzieht – nämlich extensiv genutztes, mäßig feuchtes Grünland. Wo findet sich das noch? Dementsprechend stehen sie bei uns auf der Roten Liste und sind, die ehemals so weit verbreiteten, vom Aussterben bedroht.
Sie singen sehr abwechslungsreich. Hier die Tonaufnahme eines ganz besonderen Könners, der zwei Wochen lang am Egelsee bei Hofstetten intensiv sang, mit vielen Imitationen, und dennoch kein Weibchen finden konnte.

 

Jetzt sitzen die Hübschen mit dem Überaugenstreif wieder an dünnen Halmen in den Raistinger Wiesen, singen und singen, während im Hintergrund der Kuckuck ruft. Was ihm auch im Duett gelingt!

Flying News - März 2022

In der Storchenkolonie Raisting

Die Brutsaison der Weißstörche hat begonnen. Um den 19. Februar herum hatten sich in Raisting innerhalb von etwa drei Tagen auf mindestens 16 Horsten die ersten einzelnen Störche eingefunden. Zum Teil waren auch schon beide Partner da. Jetzt, Anfang März, sind fast alle Störche zurückgekommen. 22 besetzte Horste gab es im letzten Jahr, und auch dieses Jahr hält die Schutzgemeinschaft Ammersee ein wachsames Auge auf das Storchengeschehen.

Wir schauen uns an diesem sonnigen Tag in der Raistinger Dorfmitte um. Schon von Weitem ist ein Storch auf dem Dachfirst der Kirche zu sehen. Ein Rotmilan kreist darüber, ein Turmfalke fliegt eilig vorbei.
Ganz oben um den Kirchturm hocken Dohlenpaare – vor den Brutkästen, die in die Schallfenster eingebaut sind, in Nischen, auf Simsen. Ein zweiter Storch steht auf der Alarmglocke nebenan. Auf Dächern um die Kirche herum stehen drei weitere Langbeine auf ihren Horsten, einzeln, einbeinig, von Blau umflossen. Es wird sehr gelassen gestanden, in Nest und Gefieder gestochert, geruht. Und geklappert. (Diese Tonaufnahme habe ich 2016 beim legendären Storchenkran von Kirchheim im Unterallgäu gemacht). Auch wenn es gelegentlich unter den Männchen heftige Kämpfe um einzelne Horste gibt – was die Störche vor allem verbreiten, ist Frieden. Eine Atmosphäre, die in diesen Kriegszeiten mehr als willkommen ist.

 

Wir schauen, fotografieren, freuen uns. Als wir später aus dem Dorf hinaus fahren, finden wir einen Horst, der auf ein Bäumchen am Rand eines kleinen Gartens gebaut ist, ein Storchenpaar steht darin. Störche waren ursprünglich Baumbrüter, bevor sie Kulturfolger wurden.


In den 1970er Jahren drohten sie mangels feuchtem Grünland langsam auszusterben. 2017, nach 30jährigen Schutzbemühungen, konnte das Artenhilfsprogramm aus Erfolgsgründen (!) eingestellt werden. Derzeit ist mit rund 500 Brutpaaren in Bayern der Bestand der schönen Schreitvögel gesichert.

Flying News - Februar 2022

Kleine Chronik

  • WEIßWANGEN-GÄNSE - sind immer wieder, wie schon seit Januar, in der Fischener Bucht zu beobachten.
  • MOORENTE - eine der seltenen Moorenten hält sich zwischen dem 21. Januar und dem 2. März am Schondorfer Dampfersteg auf.
  • MISTELDROSSEL - am 10. Februar. Zwischen Sturmböen singén  die ersten Misteldrosseln am Lech bei Pitzling.
  • MITTELSPECHT - am 14. Februar. Die Spechte im Seeholz sind nicht so aktiv wie sonst um diese Jahreszeit. Erst spät an diesem frostigen Morgen singt ein Mittelspecht seineQuäkstrophe.
  • AMSEL - die erste Amsel singt im Dorf. In der Folge kommt der Amselgesang nicht recht in Schwung, vermutlich, weil ein Frostmorgen dem anderen folgt.
  • STARE - am 10. Februar. Im Dorf und in den Dörfern ringsum sind zeitgleich die ersten Stare erschienen und lassen ihre Glissanadopfiffe hören.
  • BUCHFINKEN - die Buchfinken haben seit Mitte Februar zu singen begonnen.
  • FELDERCHEN - am 18. Februar. Die ersten Feldlerchen steigen auf.
  • KORNWEIHE - seit dem 18. Februar erscheint in der Feldmark, wie seit Jahren, eine Kornweihe, heuer ein Weibchen, und hält sich insbesondere in und um die stehen gelassenen vorjährigen Blühstreifen auf.
  • GOLDAMMER - seit dem 10. Februar notiere ich singende Goldammern. Typisch im Vorfrühling sind stammelnde, unvollständige Strophen.
  • GÄNSESÄGER - Ende Februar erscheint, zusammen mit Rost-, Kanada- und Graugänsen, Silber-, Graureiher und Stockenten ein großer Trupp Gänsesäger (9 m u. 2 w) auf dem kleinen Egelsee.

Flying News - Januar 2022

Kleine Chronik

  • ROTMILAN - 2021 zuletzt am 24.12.2021 gesehen. 2022 wiedergesehen zuerst am 30.01.2022, seitdem überfliegt er hier fast täglich.
  • SEEADLER - zwischen dem 18. Dezember 2021 und dem 2. Januar 2022 hält sich am Lech zwischen Apfeldorf und Epfach ein adulter Seeadler auf.
  • SINGSCHWÄNE - am 2. Januar hat sich die Zahl der Singschwäne auf dem Lech bei Apfeldorf, Stauwurzel, auf über hundert erhöht. Bemerkenswert als Besonderheiten sind an diesem Tag auch zwei eifrig tauchende ZWERGSÄGER und ebenso eifrig gründelnde SPIEßENTEN
  • SAMTENTEN - bis zu 10 Samtenten halten sich ab Anfan dg Januar am Aidenrieder Steg auf. Ein BERGPIEPER ist seit Januar häufig am Ufersaum zu beobachten.
  • STUNDE der WINTERVÖGEL vom 6. - 9. Januar
    Auffällig bei der diesjährigen Zählaktion war, dass vor allem typische Waldarten wie Kernbeißer, Kleiber, Eichelhäher, Bunt- und Mittelspecht häufiger beobachtet wurden. Vermutlich sind sie wegen des Wetterumschwungs und vielleicht auch aufgrund einer geringeren Menge an Baumsamen besonders häufig in die Gärten und an die Futterstellen gekommen. Dagegen blieb der Einflug nordischer Wintergäste wie Erlenzisige, Wacholderdosseln, Bergfinken weitgehend aus. Einige dieser Arten sind mutmaßlich Klimaverlierer, deren Verbreitungsgebiet durch die sich verändernden Bedingungen kleiner wird.
  • 18. JANUAR - auffällig ist an diesem Vollmondtag allgemeiner Singebeginn der KOHLMEISEN. Auch Blau-, Tannen- und Sumpfmeisen singen, die WALD- und GARTENBAUMLÄUFER lassen ihre zarten Gesänge hören. Die BUNTSPECHTE beginnen zu trommeln.
  • PFEIFENTEN und ZWERGTAUCHER - auf dem Lech zwischen Pitzling und Landsberg haben sich, wie jedes Winterhalbjahr, größere Trupps - bis zu jeweils 60 - dieser schönen Schwimmenten und wendigen kleinen Taucher gesammelt. Dazu viele SCHNATTERENTEN. Sie sind vom Uferweg aus gut zu beobachten.
  • ROHRDOMMEL - eine Rohrdommel wird zwischen dem 18. Januar und dem 23. Februar immer wieder am Aidenrieder Steg gesichtet.

 

Flying News - Dezember 2021

Singschwäne am Lech

Auf dem Lech bei Apfeldorf haben sie sich pünktlich wieder eingefunden: Singschwäne aus dem hohen Norden. Und am Sonntag, dem 12. Dezember, ist Schwanenwetter!

 

Schon oben auf der Straße sind ihre Posaunenklänge zu hören, und als wir durch den Schnee nach unten gestapft sind, können wir sie endlich ins Auge fassen: 16 der eleganten Schönen, einige im Wasser, die meisten auf dem Rande des Eises stehend oder ruhevoll hockend. Schneeweiß leuchten sie in der Sonne. Dieser winterliche Stausee am Lech ist für sie das Gleiche wie für unsere Kraniche und Störche Afrika: ihr weit im Süden gelegenes Winterquartier, das sie Jahr für Jahr wieder aufsuchen.

 

Während Höckerschwäne im Flug mit den Flügeln „singen“, duettieren Singschwäne mit ihren Stimmen und lassen die Duette, wenn sie zu Vielen sind, zusammenfließen – Neujahr 2017 ist mir die spannendste Aufnahme gelungen, ein regelrechter Posaunenchor!

Flying News - November 2021

Wer hat hier schon mal einen Wiedehopf gesehen?

Eine Sichtung ist bei uns selten. Dennoch: Wenn man sehr großes Gück hat, lässt er sich auch bei uns während des Durchzugs sehen, manchmal sogar in einem Garten.

 

Die Thaininger Lydia Geisenberger konnte ebendort einen Wiedehopf während seines siebentägigen (!) Gartenbesuchs fotografieren.

 

Der Wiedehopf ist trotz seiner exotischen Erscheinung alles andere als fremdländisch, gehört seit alters her in unsere Kulturlandschaft und war auch in Bayern bis Mitte des letzten Jahrhunderts weit verbreitet. Das letzte bayrische Brutvorkommen erlosch 1997. Die wenigen Brutvorkommen, die es inzwischen wieder in Mittel- und Unterfranken gibt, kann man an zehn Fingern abzählen.

 

Jetzt ist er Vogel des Jahres 2022 geworden. Warum?

 

Er ist Höhlenbrüter, braucht alten Baumbestand in halboffenem Gelände mit nur kurzer Vegetation und als Nahrung insbesondere Großinsekten und ihre Larven - all das, was es aufgrund von Überdüngung, Pestizideinsatz und Flächenfraß bei uns nicht mehr gibt.

 

Gift ist keine Lösung heißt folgerichtig der Slogan, mit der der Wiedehopf zur Wahl antrat.

 

Ich bin ihm letztes Frühjahr in den Kaiserstuhl nachgereist – es war nicht schwer, ihn an Hand seines unverkennbaren „Gesanges“ aufzuspüren – und sogar sein ärgerliches Fauchen mit aufzunehmen (hier bei 00:36 )!

 

Wer ihn im Frühjahr sieht - bitte melden!

Flying News - Oktober 2021

Kleinvogeldurchzug: Schwarzkehlchen

Still und heimlich, von nur wenigen wahrgenommen, geht der Durchzug vieler Kleinvögel weiter. Die meisten ziehen nachts und rasten am Tage.

 

An der Kiesgrube Thaining (Foto siehe unten) gibt es die seltene Gelegenheit, Schwarzkehlchen zu beobachten: zwei Männchen und zwei Weibchen, eines davon diesjährig.

 

Als Ersatz für natürliche Warten dient an solchen Orten der Zaun. Hier sitzen sie immer wieder, fliegen auf, huschen nach unten, verschwinden in den Ruderalpflanzen oder zeigen sich kurz auf dem Weg. Gestern ließen sie sich, bei respektvoller Einhaltung einer recht großen Fluchtdistanz von ca. 30 m, von meiner Power Shot fotografieren (siehe Foto 2 + 3).

 

Im Gegensatz zu den Braunkehlchen sind Schwarzkehlchen Kurzstreckenzieher und können deshalb auch hier und da bis in den November hinein beobachtet werden. Wenn man Glück hat!

 

Oder sie an ihrem markanten Ruf erkennt, der bei Erregung aus harten Schnalzern und kurzen hohen Pfeiftönen besteht (Hörprobe).

Flying News - September 2021

Die Roten und die Schwarzen

Längst jagen die Mauersegler unter afrikanischem Himmel. Viele unserer Schwarzmilane haben schon die Sahara überquert. Die Mehlschwalben sind verschwunden. Hier und da flitzt eine letzte Rauchschwalbe über die Viehweiden. Auf den Dachfirsten singen wieder die Hausrotschwänze

 

Stare sind überall präsent, streunen in Trupps in der Feldmark herum oder schwatzen an ihren Sommerplätzen (siehe Foto 2 + 3).

 

In der Feldmark sind jetzt die Rotmilane besonders augen- und ohrenfällig. Sammeln sich, wenn die Felder gepflügt werden (siehe Foto 1), hocken auf Bäumen und Leitungsmasten (siehe Foto 4 + 5) und rufen einander (Hörprobe).

 

Auch die Raben- und Saatkrähen sammeln sich. In der Hofstettener Feldmark sind wieder „gefleckte Krähen“ aufgetaucht: Rabenkrähen mit unregelmäßig verteilten weiße Gefiederpartien (siehe Foto 6). Es könnte Leuzismus sein, genauer gesagt: Teilleuzismus, eine genetisch bedingte Abweichung, Zur Zeit wird jedoch auch diskutiert, inwieweit solche Fehlfarben durch Umweltgifte entstehen.Ich halte das für wahrscheinlich.

Text: Beatrix Saadi-Varchmin

Fotos: Beatrix Saadi-Varchmin und Jochim Varchmin